Rockenberg-Verein: Als ich Sie das erste Mal sah, strömten Sie eine ungeheure Begeisterung für Ihren Beruf aus. Was genau begeistert Sie?
Katja Katic: Es freut mich zu hören, dass Sie das wahrgenommen haben. Die Arbeit in der Besuchsabteilung bereitet mir Freude und kommt meinem Naturell entgegen. Ich kommuniziere gerne, bin gerne mit Menschen zusammen und hinterfrage Dinge. All das ist mir wichtig, weil ich mitgestalten und Ideen eigenverantwortlich verwirklichen kann. Die Besuchsabteilung ist ja nicht nur das Bindeglied zwischen der Anstalt und der Außenwelt, sondern auch ein Aushängeschild. Es ist stellenweise eine Gratwanderung und erfordert einiges an Feingefühl, Sicherheit und Ordnung in unserer Anstalt mit dem respektvollen Umgang zu den Besuchern in Einklang zu bringen.
Rockenberg-Verein: Wie sind Sie dazu gekommen?
Katja Katic: Ich arbeitete damals an der Pforte und in der Zentrale und wusste sofort, dass die Stelle genau das Richtige für mich ist – eine Chance, wirklich etwas zu bewirken. Ohne lange zu überlegen, bewarb ich mich. Mein Chef sagte spontan zu. Er erkannte auch, dass es passen würde. Für diesen Job zählen nicht nur Fleiß und Erfahrung, sondern auch Empathie und innere Ausgeglichenheit. Übrigens, mein Mann ist hier als Ausbildungsmeister tätig und hatte lange zuvor den Arxhof in der Schweiz besucht, ein Maßnahmenzentrum für junge Straffällige ohne Mauern und Stacheldraht. Von dem Besuch tief beeindruckt regte er damals schon an, dass die Besucherräumlichkeiten in Rockenberg viel mehr als Ort der Begegnung gestaltet werden könnten, um eine Atmosphäre der Begegnung und des Vertrauens zu schaffen. Das hatte ich immer im Hinterkopf.
Rockenberg-Verein: Warum sind Besuche so wichtig während der Haftstrafe?
Katja Katic: Besuche sind ein zentraler Bestandteil der Resozialisierung und werden von der Anstalt ausdrücklich unterstützt. Der Kontakt zur Familie und den Angehörigen gibt den Gefangenen emotionale Bestätigung, die sie außerhalb oft nicht erhalten haben. Die Familie motiviert die Jugendlichen, ihre Möglichkeiten in der Anstalt zu nutzen, sei es durch Schul- oder Berufsausbildung, um ihre Zukunft aktiv zu gestalten. Besuche fördern aber auch die Selbstreflexion, nicht nur bei den Gefangenen, sondern auch bei den Eltern.
Rockenberg-Verein: Wie oft haben die Jugendlichen Anrecht auf Besuch und wie wird das Angebot von den Jugendlichen wahrgenommen?
Katja Katic: Die Jugendlichen haben einen gesetzlichen Anspruch auf vier Stunden Besuch pro Monat. In der Untersuchungshaft kann der Richter die Besuchszeit jedoch einschränken, in manchen Fällen auf 30 Minuten. Besuche dauern in der Regel eine Stunde und können vor Ort oder per Video stattfinden. Den Antrag für den Besuch muss immer der Jugendliche stellen. Er entscheidet über die Form, ob Präsenzbesuch oder Videobesuch. Im März zum Beispiel erhielten nur 64 von 145 Jugendlichen Besuch. Unter den Jugendlichen sind rund 40 Untersuchungsgefangene. Jugendliche Geflüchtete, die hier in Haft sind, haben oft leider kaum die Möglichkeit, Besuch zu empfangen, außer vom Jugendamt oder der Jugendgerichtshilfe. Wenn ich wahrnehme, dass sich der Besuch positiv auf den Jugendlichen auswirkt, der Richter die Besuchszeit jedoch beschränkt hat, dann setze ich mich dafür ein, die Besuchszeit zu verlängern. Ich habe einen guten Kontakt zu Staatsanwälten und Richtern, das ist wichtig.